Dysarthrie
Bei der Sprechstörung Dysarthrie sind die Prozesse der Ausführung von Sprechbewegungen gestört. Es handelt sich um eine rein sprechmotorische Störung. Sprachliche Verarbeitungsprozesse sind nicht betroffen. Bei einer Dysarthrie können alle am Sprechen beteiligten Muskelsysteme betroffen sein. Die Symptome können somit die (Sprech-)Atmung, die Stimme, die Artikulation, die Prosodie, die Resonanz oder die Kieferkontrolle betreffen (Ziegler & Vogel, 2010, S. 1).
Dysarthrien sind erworbene Störungen, die nach einer Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems auftreten. Als Ursachen kommen Hirnschädigungen, Schädigung von Hirnnerven oder Schädigungen des neuromuskulären Übergangs infrage. Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die mit einer dieser Schädigungen einhergehen. Dies können zerebrovaskuläre Erkrankungen (z. B. Schlaganfall), infantile Zerebralparesen, Schädel-Hirn-Traumata, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) oder Multiple Sklerose sein. Auch primäre Dystonien, Motoneuronerkrankungen, Myasthenia gravis und neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Parkinson-Syndrome, Morbus Huntington) können unter anderem ursächlich für eine Dysarthrie sein (Ziegler & Vogel, 2010, S. 36-44).
Von einer Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems – und damit von einer Dysarthrie – können Menschen aller Altersklassen betroffen sein. Dysarthrien bilden die häufigste Form neurologisch bedingter Kommunikationsstörungen. Da die Ursachen einer Dysarthrie so vielfältig sind und bislang keine einheitliche Diagnosestellung bzw. kein standardisiertes Diagnostikverfahren existiert, gibt es keine genauen Zahlen zur Auftretenshäufigkeit. Schätzungen zufolge liegt die Prävalenz bei über 300 Betroffener pro 100.000 Personen (Ziegler & Vogel, 2010, S. 2).
Bei der Behandlung einer Dysarthrie können vier Ansätze zum Einsatz kommen: Die Übungsbehandlung, die Anpassung von Kommunikationshilfen, medikamentöse Maßnahmen und chirurgische Eingriffe. Für die erste Möglichkeit müssen ausreichende kognitive Fähigkeiten und eine Bereitschaft zur Kooperation bestehen (Ackermann et al., 2018, S. 9-12).