Stimmstörungen/Dysphonien
Allgemein bezeichnet eine Stimmstörung die Abweichung von der physiologischen Stimmfunktion. Bei einer Stimmstörung ist die Leistungsfähigkeit der Stimme eingeschränkt (geringe Belastbarkeit, schnelle Ermüdbarkeit, Sprechanstrengung) (Spiecker-Henke, 2014, S. 83; Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 55). Der Stimmklang kann vorübergehend oder auch dauerhaft durch eine Stimmstörung pathologisch verändern sein (z.B. behaucht, resonanzarm, gepresst, hart, knarrend) (Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 55). Bei einer Stimmstörung können auch Schmerzen oder Missempfindungen bzw. ein Fremdkörpergefühl im Kehlkopfbereich auftreten. Außerdem können Veränderungen in der Atmung und des Muskeltonus vorkommen. Insgesamt kann eine Stimmstörung die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigen (Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 57).
Stimmstörungen können organisch, funktionell oder psychogen bedingt sein. Organische Ursachen können beispielweise angeborene Formanomalien, Entzündungen im Bereich des Kehlkopfes, Muskelschädigungen, Zysten, Tumoren, Lähmungen, Traumen oder Veränderungen des hormonalen Systems sein (Friedrich, Bigenzahn & Zorowka, 2013, S. 88-105). Funktionellen Stimmstörungen liegt eine eingeschränkte Funktion des Phonationssystems zugrunde. Es besteht ein zu hoher (hyperfunktionell) oder zu niedriger (hypofunktionell) Kraftaufwand bei der Aktivität der am Sprechen beteiligten Muskulatur (Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 55). Es muss beachtet werden, dass durch funktionelle Stimmstörungen auch organische Veränderungen auftreten können (z.B. Phonationsverdickungen/ Stimmbandknoten, Ödeme, Granulome) und organische Beeinträchtigungen mit funktionellen Veränderungen einhergehen können (Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 82). Ursachen für psychogene Stimmstörungen können Stresssituationen, traumatische Erlebnisse oder enorme psychische Belastungen sein (Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 62).
Von einer Stimmstörung können Menschen aller Altersklassen betroffen sein. Schon im Säuglingsalter können Stimmstörungen auftreten (z.B. durch Kehlkopfanomalien). Im Vorschulalter treten besonders häufig hyperfunktionelle Stimmstörungen durch unkontrolliertes Schrei- und Sprechverhalten auf, wodurch eine Knötchenbildung an den Stimmlippen entstehen kann (Friedrich et al., 2013, S. 102). Im jugendlichen Alter können Stimmstörungen während des Stimmwechsels sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen auftreten (Mutationsstimmstörungen), die sich in funktionellen Stimmstörungen manifestieren können (Friedrich et al., 2013, S. 104f). Erwachsene in sprechintensiven Berufen (z.B. Erzieher, Lehrer) sind häufig von funktionellen Stimmstörungen betroffen (auch: funktionelle Berufsdysphonie). Es können auch berufsbedingt organische Stimmstörungen durch toxische Substanzen entstehen (z.B. Lösungsmittel in Autolacken, Holzstaub) (Hammer & Teufel-Dietrich, 2017, S. 83).
Aufgrund der zahlreichen möglichen Ursachen von Stimmstörungen ist das therapeutische Vorgehen durch einen Phoniater nach Diagnosestellung individuell auszuwählen. Je nach Ursachen und Störung kommen logopädische, medikamentöse, physikalische, apparative, psychotherapeutische oder operative Therapiemöglichkeiten infrage (Friedrich et al., 2013, S. 120). In jedem Lebensalter sollte auf eine Stimm- und Sprechhygiene geachtet werden, um die Entstehung einer Stimmstörung prophylaktisch zu verhindern (Friedrich et al., 2013, S. 111).